Ansätze und Potenzial der automatisierten Auswertung von Laserscanningdaten zur Fassadendokumentation

Autor: Silvan Rauch
Titel: Ansätze und Potenzial der automatisierten Auswertung von Laserscanningdaten zur Fassadendokumentation
Art: Diplomarbeit
Jahr, Nr.: 2009, #407
Betreuer: Dipl.-Ing. Thomas Schäfer (TU München, LfG)

 

Aufgabenstellung
In der Bundesrepublik Deutschland gewinnen Baumaßnahmen im Bestand immer mehr an Bedeutung. Insbesondere im Zuge der Altbausanierung im Hinblick auf eine energieeffiziente und nachhaltige Wärmedämmung werden derzeit zahlreiche Fassaden mit einer zusätzlichen Hülle versehen. Dabei kommen vermehrt moderne Baumaterialien und -verfahren zum Einsatz, die eine werksseitige Vorfertigung der Dämmelemente anstreben und eine passgenaue Montage auf der Baustelle erfordern. Für eine solche Vorgehensweise ist eine präzise und kostengünstige Messtechnik zur Erfassung der Bestandsdaten eine zwingende Voraussetzung. An den Kandidaten wird daher zunächst die Aufgabe herangetragen, die wesentlichen Erfassungsmethoden im Rahmen des internationalen Projektes „TES EnergyFacade“ im Auftrag des Lehrstuhls für Holzbau und Baukonstruktion der Technischen Universität München an einem Demonstrationsbauwerk einzusetzen und hinsichtlich Effizienz und Genauigkeit zu evaluieren. Die erfassten Bestandsdaten sind in einer kompatiblen Form für eine digitale Prozesskette in der Bauproduktion zur Verfügung zu stellen. Es ist mit dem vermehrten Einsatz moderner Messtechnik beim Bauen im Bestand zu rechnen - eine automatisierte Auswertung digitaler Bestandsdaten ist daher Gegenstand aktueller Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Folglich besteht eine weitere Aufgabe des Diplomanden darin, den aktuellen Stand der automatisierten Auswertetechnik zu beleuchten und deren Potenzial zu analysieren. Auf Grundlage terrestrischerLaserscanningdaten ist zudem eine eigene Strategie für eine weitestgehend automatisierte Detektion von Fassadenöffnungen zu entwickeln und umzusetzen.

 

Kurzfassung
Zu Beginn der Arbeit wird ein kurzer Streifzug durch die aktuellen Entwicklungen im Bereich Laser-scanning gegeben und vor dem Hintergrund des Klimaschutzes das Projekt „CCEMRetrofit“ zur energieeffizienten Sanierung von Altbauten unter Einsatz der derzeitigen Laserscanningtechnologie vorgestellt.

Die kombinierte Auswertung von Laserscanner- und Bilddaten stellt den Stand der Technik in der Praxiswelt da. Eine Gegenüberstellung der im Bereich der Bauwerksdokumentation häufig eingesetzten Messmethoden des Laserscannings und der Photogrammetrie beleuchtet die einzelnen Stärken und Schwächen in Bezug auf die Datenmodellierung. Anschließend werden beispielhaft anhand der CAD-Applikation PHIDIAS verschiedene Auswertemethoden erläutert. Ein aktueller Ansatz zur kombinierten Auswertung rundet die Betrachtungen ab.

Einen tiefgehenden Einblick in die Planung und Durchführung einer Fassadendokumentation vermittelt der Erfahrungsbericht einer Messkampagne im Rahmen des TES EnergyFacade-Projektes. TES EnergyFacade ist ein internationales Forschungsprojekt zur Entwicklung eines großformatig vorgefertigten Holzbausystems zur energetischen Sanierung der Gebäudehülle von Bestandsbauten. Neben der Vorstellung des manuellen Auswerteprozesses werden unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit verschiedene Messstrategien diskutiert und essentielle Folgerungen aus den Projekterfahrungen gegeben.

Die automatisierte Auswertung von Laserscannerdaten bildet den Kern der Diplomarbeit. Einen Einstieg in die Thematik geben die Beschreibung und Herausarbeitung der Vorteile von vier verschiedenen, bereits realisierten Ansätzen. Dabei lassen sich deren Herangehensweisen in die Kategorien der Auswertung von einzelnen, nicht vereinigten und von vereinigten Punktwolken unterscheiden.

Als erfolgversprechendes Modell zur weitestgehend automatisierten Detektion von Fassadenöffnungen über den Parameter der Punktdichte rein aus Laserscanningdaten wird ein vom Autor entwickelter und umgesetzter Ansatz präsentiert. Als Fundament dienen die Ansätze der Ausgleichungsrechnung sowie Methoden und Algorithmen der digitalen Bildverarbeitung. Die Implementierung erfolgt in der Programmiersprache MATLAB sowie in der Bildverarbeitungssoftware HALCON. Dabei werden zu Beginn die Grundlagen der Hauptwerkzeuge in Form einer Toolbox beleuchtet und anschließend exemplarisch die an einer Fassade eines dreigeschossigen Mehrfamilienhauses erzielten Ergebnisse präsentiert und evaluiert.

Das Verfahren der Detektion und Berechnung von Eckpunkten untergliedert sich in drei Teilschritte. Zu Beginn stehen das Auffinden der Hauptfassadenebenen sowie die Transformation der Teilpunktwolken in ein lokales Fassadensystem (Aufrissdarstellung) im Vordergrund. Für die hochgenaue Ermittlung der vertikalen Fassadenebenen (zweiter Teilschritt) und der Ebenen der Fensterleibungen und -firste (dritter Teilschritt) kann somit eine Projektion der Punktwolke in eine horizontale bzw. vertikale Ebene als Vorbereitung für die Punktdichteberechnung erfolgen. Über Schnittpunktberechnung der ermittelten Ebenen lassen sich schließlich die gesuchten Eckpunkte ableiten.

Fazit

Die Testauswertung der Fassade mit Balkonen, Markisen und Teilverdeckungen durch die Vegetation in den Vorgärten führt zu einer Erfolgsquote von 61 Prozent detektierten oberen Fenster- und Balkontüreckpunkten. Bei ausschließlicher Betrachtung der oberen Fenstereckpunkte erhöht sich der Anteil auf knapp 70 Prozent. Weiter kann ein unmittelbarer Zusammenhang sowohl zwischen der Erfolgsquote und der vorhandenen Punktdichte als auch zwischen der Extraktionsgenauigkeit und der Punktdichte aufgezeigt werden.

Der Themenbereich der automatisierten Auswertung von Laserscanningdaten im Fassadenbereich ist ein aktuelles Thema im Bereich der Wissenschaft und Forschung. Der Grund hierfür ist in der multiplen Verwendung der Auswertungsergebnisse in den verschiedensten Anwendungsbereichen zu suchen. Eine vollständig automatisierte Analyse ist aufgrund der Komplexität und der Diversität der Fassadenformen und -elemente und der fehlenden menschlichen Interpretation nur schwer realisierbar.